Avalon-Gemeinschaft

Der bekennende Nationalsozialist Roger Wüthrich, zuvor aktiv bei der Wiking Jugend Schweiz (WJS), gründete 1990 die völkisch-heidnische Avalon-Gemeinschaft. Die Gemeinschaft, die sich meist erfolgreich von der Öffentlichkeit abschottete, wurde rasch zu einem Sammelbecken von Altnazis, Holocaust-Leugnern, Naziskins und sogar Islamisten (Ahmed Huber, † 2008) aus der ganzen Schweiz. Inhaltlich knüpft die Gemeinschaft mit ihrem völkisch-nationalen Weltbild und dem Glauben an eine germanische Herrenrasse direkt am Nationalsozialismus Hitlers an.

Germanische Feiern und NS-Verherrlichung

Die Avalon-Gemeinschaft, deren tragende Figuren lange Zeit Roger Wüthrich und Ahmed Huber waren, führt regelmässig Sonnwendfeiern, Erntedankfeste und andere mythische Anlässe durch, welche in der Regel nur für Mitglieder und eingeladene Gäste zugänglich sind. Teils besuchten auch ehemalige SS-Funktionäre ihre Feiern. Daneben organisierte Avalon immer wieder auch Vorträge zu negationistischen Themen. Die wohl bekannteste Veranstaltung fand 1993 in einem Vier-Sterne-Hotel in Bern statt. Unter dem Titel «Holocaust, das neue Dogma des 20. Jahrhunderts?» referierten bekannte Holocaust-Leugner aus ganz Europa vor einem gut 70-köpfigen Publikum.

1999 hielt der damalige Avalon-Primus Wüthrich in einer Waldhütte bei Schüpfen BE einen Vortrag über die Waffen-SS. Der von rund 50 Neonazis besuchte Anlass brachte Adrian Segessenmann als Organisator und Roger Wüthrich als Referent eine Verurteilung wegen Verstosses gegen das Antirassismusgesetz ein.

Auch Gedenkfeiern gehörten zum Repertoire der Avalon-Gemeinschaft. 1998 legte die Organisation in Erinnerung an die Niederlage gegen die französische Armee im Jahre 1798 am Fusse des Grauholz-Denkmals bei Moosseedorf BE einen Kranz nieder und gedachte der gefallenen «Helden» mit Salutschüssen.

Stammtisch mit SD-Nationalrat

Einige Jahre lang tauschten sich die Avalon-Mitglieder an einem wöchentlichen Stammtisch in Worblaufen BE aus. Neben Wüthrich, Huber und Segessenmann war auch der damalige Nationalrat der Schweizer Demokraten, Bernhard Hess, ein oft gesehener Gast. Hess hatte offensichtlich keine Berührungsängste: Er nahm 1999 unmittelbar nach seiner Wahl in den Nationalrat auch an einem Vortrag und einer Wintersonnwendfeier der Avalon-Gemeinschaft teil.

Führungswechsel bei Avalon

Im Sommer 2003 zog sich der langjährige Avalon-Präsident Wüthrich in die zweite Reihe zurück. Sein Amt übernahm Adrian Segessenmann. Als ehemaliges Führungsmitglied der «Nationalen Offensive», aktiver Hammerskin und zeitweise stellvertretender Vorsitzender der «Partei National Orientierten Schweizer» (PNOS) mischt Segessenmann seit Jahrzehnten aktiv in der braunen Szene mit. Er organisiert zudem auch interne Bildungsveranstaltungen für so genannte «Freie Kameradschaften». An diesen werden nebst dem korrekten Verhalten eines nationalen Aktivisten unter anderem die «Prinzipien des nationalen Kampfes» vermittelt. An den Aufmärschen in Sempach oder auf dem Rütli gehört Segessenmann zum Inventar und war 2009 in Sempach als Teil des Sicherheitsdienstes vor Ort.

Stille Veranstaltungen

Die Veranstaltungen der Avalon-Gemeinschaft gehen hingegen meist unbemerkt über die Bühne. Durch antifaschistische Recherche wurde im November 2011 eine Veranstaltung mit den deutschen Referenten Bernd Rabehl und Hans Schmidt bekannt. Andere Veranstaltungen publiziert Avalon hingegen gleich selber auf ihrer Webseite: So lässt sich der Homepage entnehmen, dass im Jahr 2016 der neurechte Publizist Richard Melisch gleich zwei Referate bei der Avalon-Gemeinschaft hielt. Im April über die «Diktatur der Menschenrechte» und im September desselben Jahres zum Thema «Europa der Vaterländer». Dass die Veranstaltungen jeweils nur einen äusserst kleinen Kreis an Eingeweihten erreichen, bestätigt auch der Rückblick auf das «8. Nationale Forum» am 5. November 2016: Mit 53 Teilnehmenden sei die Veranstaltung «so gut besucht [gewesen] wie noch nie».

Als Vorsitzender der Avalon-Gemeinschaft und aktives Mitglied rechtsextremer Subkulturen nimmt Segessenmann eine Brückenfunktion wahr. Die Organisation verbindet gestandene Altnazis, Intellektuelle der «Neuen Rechten» und Mitglieder rechter Parteien mit den prügelnden und saufenden Aktivisten der «Freien Kameradschaften». Die Bildungsveranstaltungen bilden einen politischen und kulturellen Überbau für das Selbstverständnis der heutigen Neonazis und vermitteln die Legitimation, ihre kruden Vorstellungen in die Tat umzusetzen.