Amok

 

 

Die Rechtsrocker aus den Kantonen Zürich, Aargau und Schwyz, Kevin Gutmann (Gesang), Marc Weiersmüller (Bass), Nathanael Fischer (Schlagzeug) und Thomas Mächler (Gitarre), hatten am 17. September 2005 ihren ersten erwähnenswerten Auftritt: Sie spielten – neben anderen braunen Bands aus dem In- und Ausland wie Hellvetica (CH) – an einem von einer Schweizer Blood & Honour-Sektion organisierten Anlass in Brig. Die Veranstaltung zu Ehren des 1993 verstorbenen Gründers von Blood & Honour, Ian Stuart Donaldson, sorgte für grossen Wirbel, da sich ein Reporter der TV-Sendung «Rundschau» mit einer versteckten Kamera unter die 400 bis 500 anwesenden Naziskins mischte und die Szenen aus dem Innern des Events publik machte. Damit war die Musik des Quartetts, das bis dahin darauf bedacht war, seine gewaltverherrlichenden und rassistischen Texte möglichst szeneintern zu halten, erstmals öffentlich zu hören.

Gewaltbereite Bandmitglieder

Die ursprünglichen Bandmitglieder von Amok sind auch abseits der Bühne keine Unschuldslämmer und eng vernetzt mit der gewaltbereiten Naziskin-Szene: Zwei der Mitglieder zählten zu den rund 30 vermummten Schlägern, die im Sommer 2007 eine Veranstaltung der Jungsozialisten in Glarus angriffen und wurden deswegen verurteilt. Bei einer Hausdurchsuchung stellte die Polizei zudem illegale Waffen sicher. Ein weiterer Musiker beteiligte sich 2008 an einer Massenschlägerei im liechtensteinischen Mauren.

Obwohl Amok nach den Vorfällen verkündete, nicht mehr aktiv zu sein, verschwand die Band nie ganz von der Bildfläche: Am 2. August 2008 trat sie zusammen mit Indiziert in Bümpliz bei Bern auf und einen Monat später als Überraschungsband an einem Blood & Honour-Festival in den Niederlanden.

Verurteilungen und interne Querelen

Am 2. Juni 2010 verurteilte das Amtsstatthalteramt Luzern die vier Bandmitglieder wegen Drohung, öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit sowie Rassendiskriminierung zu hohen Geldbussen. Grund: Auf ihrem 2007 erschienenen Erstling «Verbotene Wahrheit» hatten sie den Luzerner Politiker und Rechtsextremismus-Experten Hans Stutz beschimpft und bedroht sowie auch den Holocaust geleugnet.

Im folgenden Herbst veröffentlichten sie ihr zweites Album «Kraft aus dem Herzen». Mit dem Song «Für Blut und Boden» huldigt die Scheibe dem Naziskin-Netzwerk Blood & Honour. Nach internen Querelen soll es in den letzten Jahren zu verschiedenen Neubesetzungen gekommen sein: Thomas Mächler stieg nach dem zweiten Album aus und auch einer der Nachfolger, Alain Thoma, blieb nicht lange dabei. Zeitweise spielte zudem der deutsche Neonazi Alexander Gorges, Bandmitglied bei der sich zu Combat 18 bekennenden Rechtsrock-Combo Oidoxie, für Amok am Bass. Von den Gründungsmitgliedern scheint heute lediglich noch der Sänger Kevin Gutmann übrig geblieben zu sein.

Wieder erstarktes Selbstbewusstsein

Erneut an die Öffentlichkeit trat Amok mit ihrem Auftritt am ISD Memorial 2013 in Ebnat-Kappel T, wo sie Seite an Seite mit «Heiliger Krieg», dem Nachfolgeprojekt der in Deutschland verbotenenen Band «Race War» um Max Hirsch aufspielten. Da Kevin Gutmann im darauf folgenden Jahr eine Gefängnisstrafe absitzen musste, wurde es kurzzeitig etwas ruhiger um die Band.

Im Februar 2015 publizierten sie hingegen ihre dritte CD mit dem Titel «Das Lumpenpack von Bern», welche nun auch in Deutschland erstmals legal erhältlich war und vom Thüringer Label «Front Records» vertrieben wurde. Besitzer dieses Labels ist Thomas Wagner, Sänger der B&H-nahen Band Sonderkommando Dirlewanger (SKD). Die Veröffentlichung brachte Amok eine erneute Klage ein: In einem ihrer Lieder wünscht sich die Band das dritte Reich zurück. Pikant: Der Song war ein Cover eines bekannten Liedes der «Toten Hosen», welche umgehend eine Unterlassungsklage gegen Amok einreichte.

Solidarität unter Rechtsrockern

Amok trat seit ihrer letzten CD-Veröffentlichung an diversen Konzerten in Deutschland auf und beteiligt sich indirekt an einer Unterstüzter_innen Struktur für angeklagte Neonazis. Im Rahmen dieser Unterstützungsstruktur wurden vorwiegend von Thüringer Neonazis Solidaritätskonzerte für die Angeklagten im sogenannten «Ballstädt-Prozess» organisiert. Die Angeklagten hatten im Februar 2014 eine geschlossene Kirmesgesellschaft überfallen und zehn Personen teilweise schwer verletzt. Hauptangeklagter des Prozesses ist Thomas Wagner, Betreiber des Tonstudios Front Records. Mit den Einnahmen der Solidaritätskonzerte sollen deshalb Prozesskosten sowie laufende Kosten für Immobilien in Thüringen und das Tonstudio von Front Records gedeckt werden.

Bisheriger Höhepunkt: Unterwasser

Den letzten, publik gewordenen Auftritt hatte Amok am «Rocktoberfest» am 15. Oktober 2016 in Unterwasser SG. Das Rechtsrock-Spektakel lockte rund 5000 Neonazis aus ganz Europa in die Schweiz. Dort spielte Amok neben klingenden Namen wie den deutschen Bands «Stahlgewitter» und «Confident of Victory». Auch dieser Grossanlass diente der Unterstützung der Angeklagten im «Ballstädt Prozess – und Kevin Gutmann war massgeblich in die Organisation des Anlasses involviert. Gutmann dürfte jedoch bald mit weiteren Klagen konfrontiert werden: Er ist mutmassliches Mitglied der rechtsextremen Band «Erschiessungskommando», welche zum Mord an der Linken-Politikerin Katharina König aufruft.